„Der Harlekin“

lebt vom Dazwischen und wechselt die Rollen. Er ist weder gut noch böse, nicht Himmel, nicht Hölle, nicht Engel nicht Teufel. Er verweigert sich der Entscheidung, der Zuordnung und lässt sich nicht fangen. Wie der Joker im Kartenspiel ist er für jeden Spielzug einsetzbar. Er spielt mit den Fäden des Kosmos, ist verliebt und verloren in seiner Mission, die Menschheit daran zu erinnern, dass die Welt nicht nur nach mathematischen Gesetzen gemacht ist.

„Ich konnte das gut mit dem Zirkus, ich habe immer trainiert und konnte locker nach hinten rüber eine Brücke machen.“

Paula ist meine Oma und stellt den Anfang dieser Serie dar. Sie ist die erste Person in meinem Leben, die mich mit Zirkus in Berührung kommen hat lassen. Dieses Bild ist im Jahr 2013 in meinem Studio entstanden. Zwei Geschichten von Paula schwirren in meinem Kopf, eine aus ihrer Kindheit und eine aus meiner Kindheit.

Guten Tag, dies ist der  Anschluss von Thomas Gansch.  Bitte hinterlassen Sie unter dieser Nummer keine Nachricht.

– Meinen ersten Auftritt habe ich in schrecklicher Erinnerung. Es war grauenhaft. Mein Vater hat das Ähnchen von Tharau mit mir einstudiert. Als ich vor dem Publikum stand, war ich schwer irritiert und mein Körper hat nicht mehr funktioniert. Trockener Mund, feuchte Hände. Eigentlich sollte es andersherum sein. 

Ich bin in einer Musikerfamilie aufgewachsen und bei uns zu Hause waren immer Musiker, weil auch die Blasmusik dort geprobt hat. Somit ist die Musik nicht zu mir gekommen, sondern war schon da. Mein Weg war vorgeplant. Mit 8 Jahren habe ich begonnen, Trompete zu lernen. Mein Bruder hat Trompete gespielt und ich habe auch Trompete gespielt, es gab keine Wahl.

Das Lampenfieber gehört bis heute zum Beruf. Dagegen hilft, gut vorbereitet zu sein und am Vortag nicht zu viel zu saufen. Das Zittern passiert eher wenn man jünger ist, mit der Zeit kann man sich mehr und mehr auf das Können verlassen. Im Idealfall ist es ein positiver Schub. Ich glaube, es ist wie mit Skispringern, die zwei oder drei Jahre alles gewinnen, dann völlig von der Bildfläche verschwinden und nie wieder auftauchen weil der Kopf nicht mehr mitmacht.

Die Entscheidung, ob man scheitert oder nicht, spielt sich komplett im Kopf ab.

(Thomas Gansch)

Meine schönsten Rollen waren überzeichnete Versionen von mir selbst.

Ich finde Figuren, die im Dazwischen sind, sehr spannend, weil es einem extrem viel Freiheit gibt. Der Joker darf alles.

Ich selbst bin noch nie ausgestiegen. Wenn man davon ausgeht, dass „das System“ die Leistungsgesellschaft ist oder das Arbeiten und Konsumieren, dann bin ich wirklich mittendrin. Das Absurde ist, während man massiv funktioniert und sich auf eine Art auch selbst ausbeutet, macht man ein Stück über das Aussteigen oder Kapitalismus-Kritik. Ich finde es oft traurig, dass man aus so einer Art Hofnarren-Funktion überhaupt nicht herauskommt. Positiv gesagt hat es natürlich etwas mit Zivilisation zu tun, dass Kritik möglich ist.

(Katharina Klar)

Ich habe es erst drei Stunden nach der Vorstellung gemerkt. Insgesamt musste ich vier Monate aussetzen und habe zu früh begonnen, wieder zu trainieren. Es gibt noch immer Sachen, die ich mich nicht traue. Durch den Unfall ist mir bewusst geworden, wie wichtig der Zirkus für mich ist und dass eine Welt zusammenbrechen würde, wenn ich damit aufhören müsste. Vielleicht habe ich die Verletzung gebraucht, um besser auf mich aufzupassen.

(Verena Schneider)

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